Armageddon

Armageddon.
Einem russischen General, der während der Einmischung Russlands in den syrischen Bürgerkrieg Unheil angerichtet hatte, war der Beiname „General Armageddon“ verliehen worden.
Um den russischen General Surokewin ranken sich seitdem Legenden über seine Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Im Konflikt um die Ukraine war es scheinbar um ihn still geworden. Jetzt soll er die Entscheidung im Ukraine-Krieg herbeiführen.

Armageddon.
Das war der Titel eines Hollywood-Katastrophen-Films.
Armageddon – Was bedeutete dieser Titel?
Heutzutage muss niemand mehr Lexika wälzen. Suchmaschinen geben Auskunft. Aber Zusammenhänge herstellen, das muss man selbst.

Armageddon.
Das ist der hebräische Name einer Ebene am Fuße des südlichen Ausläufers des Karmelgebirges im biblischen Lande Kanaan.
Diese von den Bergen überschaubare Ebene war die klassische Begegnungsstätte für eine Entscheidungsschlacht. Eine verheerende Schlacht von biblischem Ausmaß zwischen zwei gleich starken Kräften, die sich im offenen Kampf schier unüberwindlich und unausweichlich gegenüberstanden.

Diese Assoziation, dieses biblische Bild erzengelsgleicher Mächte, ist auch der Hintergrund des Films, der die größte Bedrohung der Menschheit, ihre Auslöschung durch eine extraterritoriale Macht, einen aus seiner Bahn geratenen Asteroiden, der auf Kollisionskurs mit dem Planten Erde geraten ist. Nun rast er mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Erde zu und ist nur durch eine Zerstörung, eine Sprengung seines Kerns, aufzuhalten. Dieses Unternehmen ist das Ziel eines beherzten Teams von theoretischen und praktischen Spitzenkräften der Weltraumtechnik. Es galt nun, unter ungeheurem Zeitdruck – es handelte sich um eine Frist von 18 Stunden – in kollegialer Abstimmung aller Kompetenzen für die Erreichung eines gemeinsamen Ziels einzutreten. Ein Auftrag von existenzieller Tragweite, hinter der alle kleinmütigen persönlichen Machtinteressen zurückzustehen hätten.

Armageddon.
Harmagedon (auch Harmageddon, Armageddon oder Har-Magedon)
Das ist ein griechisches Lehn-Wort: Ἁρμαγεδών.
Dann ist har, Berg, dem die Ebene Megiddo zugehört. הר מגדו.
Das ist Hebräisch.

Armageddon
Das bedeutet im weltlichen, übertragenen Sinn also endgültige Schlacht, Entscheidungskampf.

Als Entscheidungskampf zwischen den entfesselten Kräften der Natur und dem menschlichen Know-how in konstruktiver Kooperation ist also der Filmitel „Armageddon“ zu verstehen. Hier wird jedoch nicht berücksichtigt, dass der Kampf auf dem Schlachtfeld eine Konfrontation gleich starker Mächte ist. Der Film will glauben machen, dass der Mensch seinen Plaenten Erde durch den Einsatz seiner sozialen und intellektuellen menschlichen Kräfte vor unüberwindlich erscheinenden destruktiven Kräften retten könnte.

So wie die irdischen und überirdischen Mächte auf dem Schlachtfeld von Megidda miteinander ringen, so gestaltet sich auch der Kampf um die weltliche Vorherrschaft, ikonisiert durch den beweglichen ukrainischen David, gegen Goliath, hinter dem die unerschöpfliche Macht des russichen Bären steht.

Der russische General Surokewin,“Armageddon“, soll nicht die Macht haben, die um Freiheit und Unabhängigkeit ringende Ukraine zu besiegen.

Mannhaftigkeit als Tugend

In den lateinischen Begriffen virgo, Jungfrau, und vir, Mann, Ehemann, könnte bei aller scheinbarer Gegensätzlichket auch vires, Kräfte, etymologisch beteiligt sein. Mann, Soldat, Held, steckt sinntragend invirtus, Tugend, weil ein Mann nur als Soldat zum Helden werden konnte und Heldentum der Gipfel männlicher Tugend war.

Im klassischen Rom verstand man unter virtus männliche Tugend. Dies war ein Bündel von Eigenschaften, die im öffentlichen Raum angesiedelt waren. Sie bildeten die Grundfesten von Ansehen, Ehre und Würde des römischen Bürgers. Als besonders ehrenvoll wurde Mannhaftigkeit, insbesondere als soldatische Tugend wie Mut und Kraft, gewürdigt. Dabei bedeutet virtus, virtutis, Tüchtigkeit und Mannhaftigkeit, nicht Männlichkeit in einem äußerlichen Sinne von männlich attraktivem Aussehen oder dominantem Auftreten, sondern ritterliche Eigenschaften wie Edelmut, Zurückhaltung, Besonnenheit und Bescheidenneit.

Auf die Würde und das Ansehen eines Angehörigen der römischen Oberschicht wiesen bereits Anzeichen in seiner offiziellen Kleidung, der Toga, hin. die er bei öffentlichen Auftritten trug. Die Toga kennzeichnete einen römischen Bürger; sein Rang als Patrizier war an farbigen Streifen an den Kanten seines Gewandes sichtbar.

Pate der römischen Tugend, ist die Gottheit Virtus, Göttin des soldatischen Mutes und der Tapferkeit. Die Bedeutung verschob sich vom Militärischen hin zu einem grundsätzlichen Wert der Verkörperung männlicher Tugend, der von einem staatstragenden Mann und Bürger Roms zu vertreten war.

Virtus als römische Tugend erfuhr ihrerseits einen Bedeutungswandel in der römischen res publica, dem Staat und der Republik: das Einstehen für den politischen Staat und ihr Pendant, die römische Gesellschaft.

virtus, virtutis ist eines der wenigen lateinischen Substantive, die nur scheinbar zur o- oder u-Deklinination zählen. Ähnlich verhält es sich mit iuventus, iuventutis, Jugend, und senectus, senectutis, Lebensalter, die zu der Reihe Abstrakta, eigenschaftsbildender Substantive, zählen, die sonst auf -as, -atis enden, was im Deutschen meist mit den Nachsilben -tät. -tum, -schaft,- heit oder -igkeit ausgedrückt wird: auctoritas,-atis, Autorität, Urheberschaft,pietas, pietatis, Frömmigkeit, familiäre Verantwortlichkeit, nobilitas, nobilitatis, Adel, Edelkeit, Würde. All diese Eigenschaftssubstantive sind nämlich Feminna.

Mannhaftigkeit als männliche Tugend moralischer Unanfechtbarkeit ist heute verloren gegangen. Tugend und Tugendhaftigkeit gelten als weibliche Eigenschaften, die ökonmisch unzeitgemäß geworden sind. Die Jungfrau, die Virgo intacta im medizinischen Sinne, war ein notwendiges Merkmal einer Heiratskanditatin, um die Identität ehelicher Nachkommenschaft sicherzustellen.

Auch in dem Substantiv virgo, virginis, Jungfrau, steckt das Urbild der Tugendhaftigkeit eines Mannes, des Wortstammes vir-. Das äußerliche Erscheinungsbild des Wortes virgo ist scheinbar grammatikalisch maskulin. Das ergibt sich daraus, dass damit ursprünglich die Vorstellung tugendhafter Männer verknüpft war – also solcher, die keinen Verlockungen von Machtmissbrauch oder Korruption erlagen. Mit virgo schließlich ist ein Mädchen bezeichnet, das noch im Besitz ihrer Virginität/Virginalität, Jungfräulichkeit, Unberührtheit, Keuschheit ist. Virginitas war im antiken Rom also gar nicht an sexualmoralische Kategorien wie Tugendhaftigkeit und Keuschheit, geknüpft.

Die moralische Wertschätzung galt zunächst männlichen Tugenden wie Unbestechlichkeit, Anstand, Würde, und Bescheidenheit im Auftreten. Später erst übertrug sich virgo auf die Unberührtheit und weibliche Keuschheit und firmierte unter dem femininen Genus. Mit Virgo war eine Personifizierng eines moralischen Gebotes, das urspünglich einem männlichen Wert galt, auf die Frau übertragen und hatte nunmehr keine ethische, sondern eine sexuelle Bedeutung.

Von vir , Mann, abgeleitet sind auch andere bildungsprachliche, lateinischstämmige Fremdwörter, die über das Französische ins Deutsche gelangt sind. So weist die adjektivische Endsilbe -iell/uell – nominell, partiell, speziell, manuell, virtuell auf eine französische Herkunft, während -ial,-al seinen Ursprung im Lateinischen selbst hat: Spezial-, kollegial, frugal, viral. Statt viral ist also auch viruell denkbar.

Dass viral/viruell, durch ein Virus ausgelöst und vermehrt, und virtuell, scheinbar, computersimuliert, nur theoretisch existent, die durch die vorangestellte Silbe vir- beginnen, scheint zunächst irreführend, wird jedoch bei genauerem Hinsehen durchschaubar:
Gemeinsames ursprüngliches Merkmal all dieser Wörter ist vis, pl. vires, Kraft, auf dem auch vir, Mann, als Täger männlicher Kraft, beruht.

Die Verschränkung von Körper und Seele – Erdgebundenheit und Unsterblichkeit

Mit der Seele als dem wahren Ausdruck des inneren Menschen beschäftigen sich alle Philosophien der Welt. Ist die Seele losgelöst vom Körper, von der lebendigen Existenz des einmaligen Wesens, denkbar?

Ist die Seele dem Körper zugewiesen oder bewegt sie sich unabhängig von ihm zwischen Zeit und Raum?
Gehört die Seele zu einem Individuum, mit dem sie geboren wird und mit dem sie stirbt? Wird sie mit dem Tod ausgelöscht, oder erwartet sie etwas Abschließendes, einen Jüngsten Tag, den Tag des Jüngsten Gerichts, das Belohnung oder ewige Verwerfung vorsieht? Und schießlich: Gibt es sie überhaupt oder ist sie ein Konstrukt der Religion, der Psychiatrie, der Psychologie?

Oder geht die Seele einer Seelenwanderung gleich im Augenblick des Todes in einen anderen Körper über? Überdauert sie so – aber woher kommend und bis wohin gehend? Wie entstehen neue Seelen angesichts des Bevölkerungswachstums?

Ist der „Jüngste Tag“ eine Metapher für das Ende der Menschheit? Was kommt danach – also wenn die „Gerechten“, nicht die im richterlichen Sinne gerecht Handelden, sondern die Gott Gefälligen – voneinander geschieden sind?

Fragen über Fragen.

Manche Religionen postulieren die Seele als etwas dem Menschen unsterblich Zugeschriebenes. Die Seele
überlebe den Körper, der sie nur als zu pflegende Hülle bekleidet.

Die Seele wird als das Innere, das im Grunde ursprünglich Gute und durch die Welt Unverdorbene im Menschen beschrieben: die „Gute Seele“, seelenvoll, seelenbegabt, die Augen als „Spiegel der Seele“, also das, wo ein Mensch unverstellt erscheint. Dagegen wird die „Schwarze Seele“ im Märchen, der Metapher für das Böse, für einen Feind des Unschuldigen stehend, Räuber oder Wolf als Inbegriff des Verderbten, Menschenfeindlichen bezeichnet.

Das alte Volksmärchen vom Streben nach dem Wissen um die tieferen Zusammenhänge der Welt, des gottgleichen Verstehens der Welt, also dessen, „was die Welt im Inneren zusammenhält“, ist die immer wiederkehrende Vorstellung eines Getriebenen. Sie ist die zur Legende geronnene Geschichte vom „Doktor Faustus“, der Gottgleichheit anstrebt für den Preis des Verlusts seiner menschlichen Seele. Ein Kontrakt, wie er menschlichen Vorstellungen, die über das zeitlich Gültige hinausgehen, entspricht. Seine ganze Erkenntnisleidenschaft gilt, den letzten, dem Menschen verborgenen Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Um diese Erkenntnis zu erlangen, verschreibt er sich dem Teufel, der als Widerpart Gottes über allen Unwägbarkeiten menschlichen Wissens steht. Doktor Faustus, nicht ahnend, wie schnell die Zeit dahingehen würde, steht unvermittelt der Bezahlung seiner Schuld gegenüber.

Dieser Pakt mit dem Widersacher, Gott überlisten zu können, ist bereits die Leugnung des allmächtigen Gottes als Höchstem. Es ist der Sündenfall schlechthin, gleichsam die Sehnsucht des Menschen, über seine Erdgebundenheit, seinen Tod als Merkmal eines Geschöpfes Gottes, hinauszuwachsen.

Dieses Urbild des Sündenfalls, das die biblische Genesis beschreibt, veranschaulicht im Genuss der Frucht vom Baum der Erkenntnis durch die schändliche Einflüsterung der Schlange, diesem unheimlichen, gespalten züngelnden, bäuchlings kriechenden, starr blickenden Wesens, dieser Sündenfall ist Sexualität. Eva, hebräisch אווה, Frau, wörtlich „Lebenspendende“, haftet als die der Schlange Verfallene nichts Lebenspendendes an, sondern Verführbarkeit und Verführung. Eva, als die den Einflüsterungen der Schlange Verfallene wird ihrerseits zur Verkörperung des Bösen, dem sie nicht hatte standhalten können. Ihr verdankt das Menschenpaar die Vertreibung aus dem Paradies, der wandellosen Einheit mit Gott. Im Garten Eden gibt es weder Sexualität noch irgendetwas dem Vorausgehendes noch daraus Folgenes. Alles ist vorhanden, aber nichts entwickelt sich. Weder Lust, noch Verführung, noch Fortpflanzung, weder Geburt, Wachstum noch Tod. Leben mit all seinen Facetten – Besonderheiten, Entwicklungen, Abenteuern, Launen – findet im Paradies nicht statt.

Das Praradies ist die Metapher für unbedingte und voraussetzungslose Gottnähe. Der Vertreibung aus dem Paradies der Schuld- und Sündenfreiheit folgt die Verdammung des Menschen in die lebensfeindliche Welt. Nur die Hinwendung zu Gott durch ein gottgefälliges Leben, die Schonung und Pflege seiner Kreatur, kann Nähe und Einheit mit Gott wiederherstellen.

Hölle, Fegefeuer und Paradies kommen in heutiger Betrachtung nicht mehr vor. Nicht mit teufelbesessenen Strafen wird gedroht. Die dem ausgehenden Mittelalter verhafteten Horrorszenarien der Hölle oder des Fegefeuers eines Hieronymus Bosch werden als exotische Entsetzensphantasieen des christlichen Glaubens verstanden. Es wird an Menschlichkeit, Wohltätigkeit, Solidarität und die soziale Verantwortung des aufgeklärten Menschen appelliert, der sich für die Erhaltung des Planeten in all seinen Ausgestaltungen einsetzt.

Kann nicht die moderne Physik den Zeitpunkt der Auslöschung des Lebens bereits vorherbestimmen? Sind vor diesem Hintergrund eines lange ausgelöschten lebendigen Planeten Erde und damit Überlegungen zur Existenz des beseelten Menschen widersinnig?

Der Mensch kann sich nur bis zu einem bestimmten Grad aus seiner Umwelt erheben. Er ist insofern ihr Produkt, also an bestimmte Rahmenbedingungen – Ort, Zeit, persönliche Merkmale wie Alter, Geschlecht, sozialer Status – Bedingungen also, gebunden, die seine Weltsicht, sein Lebensgefühl, seine gesamte Haltung zu seiner Um- und Mitwelt bestimmen.

Stammformen regelmäßiger und unregelmäßiger Verben

In den westeuropäischen Sprachen unterscheidet man zwischen starken und schwachen Verben. Während die schwachen Verben nach dem Wortstamm eine jeweils gleiche Silbe zur Kennzeichnung der grammatischen Zeit, des Tempus, ein- oder hinzufügen, geschieht dies bei starken und unregelmäßigen Verben durch unregelmäßige Buchstaben- und Silbenkombinationen. Weil die nach dem Wortstamm folgende Silbe über die Einordnung in regelmäßige oder unregelmäßige Verbformen Auskunft gibt, nennt man diese Muster Stammformen.

So gestalten sich die Verbformen regelmäßiger deutscher Verben durch Anfügen der Sibe -te nach dem Wortstamm zum Präteritum/Imperfekt und in Kombination von ge- vor und -t nach dem Wortstamm zum regelmäßig gebildeten Partizip Perfekt, z.B. deck-en, deck-te, ge-deck-t, koch-en, koch-te, gekoch-t, putz-en, putz-te, geputz-t. Bei Fremdwörtern aber fällt das ge- beim Partizip Perfekt weg: balanc-ieren, balancier-te, balancier-t (auf einer schmaler Linie gehen), lamentier-en, lamentier-te, lamentier-t (klagen, jammern), probier- en – probier-te, probier-t. (versuchen, kosten).

Unregelmäßige Verben verändern sich vor allem in ihrer Stammform, die das Imperfekt/ Präteritum und die entsprechende Konjunktivform – inklusive ihrer Umlautung im Konjunktiv II – kennzeichnet: gehen, ging – ginge; lassen, ließ – ließe; schlafen, schlief – schliefe; ringen, rang- – ränge; denken – dachte – dächte.

Neben der Unterscheidung zwischen schwachen und starken Verben differenziert man zwischen starken Verben, die einen geringen Veränderungsprozess erfahren haben und deshalb regelmäßigen Verben stärker ähneln z.B. kennen – kannte – gekannt, rennen – rannte – gerannt, und unregelmäßigen Verben, die einem gundlegenderen Veränderungsprozess unterlegen waren, also neben einer Vokaländerung auch Endsilben verändern ließen.

Diese Vokalverschiebungen laufen nach beschreib- und beobachtbaren, jedoch schwer durchschaubaren Mustern ab. Oft haben Reimwörter gleiche Muster. Offenbar sind oft gebrauchte Verben größeren Veränderungen durch Lautverschiebungen unterworfen, während etwa Fremdwörter unverändert bleiben. Das ist ein Zeugnis der sprachhistorischen Lebendigkeit unregelmäßiger Verben, weil sie durch häufigen und alltäglichen Gebrauch stärkeren Lautveränderungen und -verschiebungen unterworfen sind. Beispiele dafür sind: essen, schlafen, laufen, gehen, kommen, sehen, sterben, steigen, meiden, nehmen. All diese bezeichnen Tägkeitem, die sich durch ihre Alltäglichkeit auszeichnen.

Kausative Verben zeigen öfter dieses Muster vom aktiven Tun, der Ursache – causa – des angestrebten Zustands, das dem Ergebnis vorausgeht:
stellen – stellte – gestellt, stehen – stand – gestanden;
hängen – hängte – gehängt, hängen – hing – gehangen;
legen – legte – gelegt, liegen – lag – gelegen.
Umgekehrtes stellt man eher fest bei
setzen – stetzte – gesetzt, sitzen – saß – gesessen.
Dem eher aktiven auf-/wachen steht ein-/schlafen gegenüber.

Stammformen muß man lernen beim Erwerb einer neuen Sprache. Es ist hilfeich, zu wissen, dass es deutliche Parallelen gibt in verwandten Sprachen, weil sie ähnlichen Veränderungen, die sich aus den Lebensverhältnissen ergaben, unterlagen. Dies legt nahe, dass solche Prozesse kein Phänomen unserer Sprache ist.

Narrativ

Nach Diskurs und Konsens inflationiert ein Modewort, aus dem Feuilleton kommend, die Medien: das Narrativ. Narrativ ist ursprünglich ein Begriff aus der Literaturwissenschaft, wo eine Erzählung entweder für sich als literarische Form steht oder wo sie als Erzählform eine stringente Theorie bildhaft auflockert und nachvollziehbar macht.

Narrativ ist eigentlich ein englisches Lehnwort: narrative. Es ist abgeleitet aus dem Partizip Perfekt des lateinischen Verbs narrare, erzählen. Daraus entsteht narrativum, das als Adjektiv substantiviert wird: das Narrativ, das Erzählte, die Erzählung.

Erstaunlicherweise ist im Zuge des modischen Anstrichs von Narrativ auch der Begriff Ezählung in einem neu zu verstehenden Kontext üblich geworden. Er taucht inzischen fast immer da auf, wo man sich aus stilistischen Gründen in einem Text nicht wiederholen wollte. So hat sich für Erzählung als Synonym für Narrativ ein neues Verständnis eingebürgert. Das wirkt oft ungeschickt, weil Erzählung inhaltlich bereits durch den Begriff des Märchens gefüllt ist. Jedoch ist hier etwas anderes gemeint: Man will damit eher auf etwas Tradiertes, Überliefertes hinweisen als auf etwas im Reich des „Märchenhhaften“, des Landes der Zwerge und Feen, Angesiedeltes. Heute versteht man unter Narrativ ein gedankliches Gebäude, eine bestimmte, aber nicht die eigene Weltsicht, ein Weltverständnis, eine Interpretation oder Auslegung der Welt, wie sie Menschen begegnen mag.

In ähnlichem Kontext gebrauchte man vorher „Legende“, dem eigentlich eine ähnliche Bedeutung zugrunde liegt. Legende leitet sich aus dem lateinischen Gerundiv von legere, lesen, ab. Es bedeutet „das zu Lesende“ oder die „Erzählung“. Eine Legende bezog sich zunächst auf Heiligengeschichten, kurz und blumig zugleich, der Darstellngsweise in einem religiösen Abreißkalender vergleichbar. In heutiger Lesart entspricht sie eher dem neuen Begriff Narrativ. Beiden haftet nichts Verbürgtes oder Beweisbares an, sondern etwas mündlich Weitergegebenes.

Das Narrativ wird im gesellschaftswissenschaftlichen Kontext gebraucht, um zu verdeutlichen, dass es nicht um eine beliebige Erzählung geht, sondern um eine Verknüpfung, die bewirkt, dass das „bestimmende Element hinter einem Narrativ weniger der Wahrheitsgehalt“(1), als gemeinsam Erlebtes, Geteiltes und Verbindendes ist. Was daraus entstehen soll, ist eine Art Verbrüderung wie in einem Fußballstadion, ein Gemeinschaftsgefühl.

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Narrativ_(Sozialwissenschaften)

Grammatisches und natürliches Geschlecht

In der deutschen Grammatik gibt es Genera, Geschlechter. Das Genus, das grammatische Geschlecht, wird durch Artikelwörter oder stellvertretend durch Pronomen, also Wörter, die das Nomen vertreten, gekennzeichnet. Das Gegenteil von Genus ist Sexus, biologisches oder natürliches Geschlecht. Im Deutschen lauten die Artikel im Singular, der Einzahl, „der“, „die“ oder „das“ – oder „die“ im Plural, der Mehrzahl. Die romanischen Sprachen, die sich aus dem Latein der römischen Eroberer entwickelten, haben nur ein männliches oder weibliches Geschlecht, das Englische gar nur ein Geschlecht „the“, betrachtet man insbesondere das Artikelwort „he“, „she“ oder „it“. Erst bei Personalpronomen wird auch dem natürlichen Geschlecht Rechnung getragen.

Hier werden auch Unterschiede erkennbar, wenn das grammatische und natürliche Geschlecht ins Spiel kommen. Unter dem natürlichen Geschlecht versteht man das spezifisch durch die Biologie vorgegebene, wie man an den typischen Begriffen „der Mann“, „die Frau“ und – als noch unausgereift verstanden – „das Kind“ erkennt. Haben die romanischen Sprachen das Neutrum abgelegt, so hat das Englische stattdessen nur einen als neutral empfundenen Artikel – „the“ – für alle Geschlechter. Nur bei den Pronomen werden deutlichere Maßstäbe angelegt. So wird das natürliche Geschlecht eines Menschen und auch eines ihm nahe stehenden Tiers, mit einem geschlechtsspezifischen Pronomen gekennzeichnet. Neben perönlich bekannten Tieren fallen noch Schiffe ins Auge, die, wie im Deutschen, mit dem Personlpronomen „she“, „sie“, benannt werden.

Das Neutrum ist nicht durch Sächlichkeit gekennzeichet, sondern durch Unbestimmtheit

Im Deutschen gibt es drei grammatische Geschlechter, männlich/maskulin, weiblich/feminin, sächlich/neutral. Geschlecht bedeutet dabei etwas wie Familie, Ab- oder Herkunft, hat also zunächst nichts mit dem zu tun, was man sexuelles Geschlecht nennt. Die einzig damit übereinstimmende Botschaft ist, dass das sexuelle Geschlecht sowie auch der Begriff des Maskulinums, Femininums und Neutrums nicht unserer Wahrnehmung des natürlichen, ausgereiften Geschlechts entspricht. „sexus“, (engl. sex), ist keine grammatische, sondern eine biologische Kategogie. Sie bezeichnet den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Lebewesen.

Grammatisch bedeutsam ist der Sexus, das biologische Geschlecht, wie bei „der Mann, die Frau“, nicht einmal grundsätzlich. Man begegnet in unserer Sprache deutlich abwertenden Begriffen, die das biologische Geschlecht bewusst missachten, wie beim nicht scherzhaften Gebrauch von „das Weib“, „die Memme“, „das Gespons“, oder bewusst nicht einbeziehen, wie bei „das Baby“, „das Kind“. Abgesehen von Dimunitiven, „-chen, -lein“, die immer ein neutrales Genus haben, sind im Deutschen Sachen, denen ein sächliches, Geschlecht grammatisch zugeordnet wird, aus dem Charakter der Gegenstände nicht begründbar: „das Messer, die Gabel, der Löffel“, „das Fahrrad, der Wagen, die Kutsche“, „der Tisch, die Lampe, das Bett“. Man weiß erfahrungsgemäß nur, dass das sächliche Geschlecht seltener ist, als man aufgrund des neutralen Charakters der Gegenstände annimmmt. Man findet keine inhaltliche Begründung, also weder für das neutrale Geschlecht des Kleides, noch für das feminine der Hose, noch für das maskuline des Hutes. Ergibt sich also das Genus eines Wortes nicht aus seinem Bild – dem zylindrisch geformten „Zylinder“, dem melonenförmig gewölbten Hut, der „Melone“ -, aus seiner Funktion – der Hosenträger, das Streichholz, die Zündkerze – noch aus seiner Entlehnung aus einer anderen Sprache, wie „Zylinder“, (lat. cylindrus, gr. kylindros) – , so scheint es beliebig oder etymologisch nicht mehr unmittelbar herleitbar.

Zieht man vergleichend andere Sprachen, die unserem Kulturkreis nahe stehen, hinzu, so sieht man, dass im Englischen der Artikel immer gleich „the“ lautet, was „der“, „die“ oder „das“ bedeutet, geht man davon aus, dass „th“ unserem „d“ lautlich entspricht, was sich an aus dem Altsächsischen stammenden Wörtern erweist. „the“ ergibt dann also „de“, „der, die, das“.

Im Französischen, das kein Neutrum kennt, sind die Genera der meisten Wörter aus verwandten Begriffen aus dem Lateinischen übernommen. Zwar stammt es zu großen Teilen aus dem Latein der römischen Besatzung der Provence – der römischen Provinz um Narbonne, Provincia Narbonensis (1). Dennoch wurde das lateinische Neutrum ersetzt, z.B. bracchium – der Arm, os – der Knochen, corpus – der Körper, mare – das Meer. So wurden diese Neutra zu le bras, l’os, le corps, la mer.

(1) Ein gut erhaltenes Zeugnis römischer Besatzung der Provence findet man in vaison-la-romaine:
https://www.provence-info.net/vaucluse/vaison-la-romaine.html

Das Neutrum im Lateinischen

Zwischen Altgriechisch und Lateinisch besteht eine enge Beziehung –
Ich halte letzteres nur für eine verkürzte Übernahme, vielleicht gar eine Art Dialekt des Altgriechischen, wobei sie lateinischen Schriftzeichen über Herkunft und Aussage hinwegtäuschen.
Es ist ersichtlich, dass vieles vereinfacht wurde, manches – besonders
Alltägliches, Hausgötter und jahreszeitliche Traditionen, Riten und Feste, die archaische Charakterzüge haben – von den Ureinwohnern, den italischen Stämmen, übernommen wurde.

Das Neutrum, das im Lateinischen gar nichts zu tun hat mit „sächliches Geschlecht“, bedeutet
übersetzt „keins von beiden – ne utrum“. Das klingt in der Tat etwas unbedeutend, jedenfalls
so, als wüsste man nicht so recht, was man damit anstellen soll. Es sind aber keineswegs unbedeutende Bezeichnungen, allerdings dem natürlichen Geschlecht auch nicht eindeutig zuzuordnen.

Die Neutra sind auch deutlich in der Minderzahl, wobei das natürliche Geschlecht, das Maskulinum und Femininum bereichert, diese Minderzahl begünstigt. Nur bei den Pronomina scheinen sie gleichgestellt zu sein.

Die folgenden scheinen mir die gängigsten zu sein:
oppidum, die Stadt; templum, der Tempel; donum, das Geschenk; os, der Knochen; mare, das Meer; cornus, das Horn; caput, der Kopf; tempus, die Zeit; genus, das Geschlecht; ius, das Recht; rus, das Land; flumen, der Fluss; numen, der göttliche Wille; nomen, der Name.

Jedenfalls könnte man jeder diese Bezeichnungen etwas Geschlechtsunabhängiges, Übergeordnetes zuordnen, was allerdings umgekehrt auf allerlei andere Bezeichnungen ebenso zutrifft – z. B. Blume, Blatt, Baum, Haus. Warum ist Erde aber weiblich? Weil sie wie eine Mutter immer wieder etwas Neues hervorbringt? Dieses Bild scheint in die meisten Sprachen hineinzureichen.

Neutra enden im Nominativ und Akkusativ immer gleich und im Nominativ Plural immer auf -a. Ein sicheres Erknennungsmerkmal!

Kindchenschema und Anpassung

Fossil of Sciurumimus

Fossil of Sciurumimus
photo: Ghedoghedo
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Von Konrad Lorenz, dem legendären Verhaltensbiologen, der ein gerade aus dem Ei geschlüpftes Gänseküken zum Objekt kindlicher Prägung gemacht hatte, stammt der Begriff des Kindchenschemas. Darunter versteht man den Schlüsselreiz, der bei brutpflegenden Wirbeltieren Brutpflegeverhalten auslöst. Das tatsächlich noch hilflose Geschöpf bestimmt das erwachsene zu Fütterung, Schutz und Pflege. Solche Schlüsselreize werden ausgelöst durch ein bestimmtes äußeres Bild. Es beseht darin, dass das Junge bestimmte Körperformen und -proportionen aufweist, die das erwachsene Tier als Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit interpretiert. Unmittelbar wirkt dieser Reiz auf die Mutter des Kleinen. Aber das Besondere an diesem Reiz-Reaktionsschema ist, dass es auch andere Mitglieder des Clans, der Art, ja, sogar ganz Artfremde wie den Menschen zu solchem Fürsorgeverhalten anregt. Sogar ein Krokodilbaby oder Raubsaurierbaby kann, wie man aus Versteinerungen weiß, auf diese Weise niedlich wirken.

Bestandteile des Reizes „Kindchenschema“ sind vorrangig die Gesichtsform und die Körproportionen. Babyhafte Gesichtsformen sind gekennzeichnet durch große, runde Augen, eine gerundete Stirn- und Wangenpartie, eine kleine Nasen- und Kinnpartie. Dazu gehört eine Körperproportion, die bei Nestlingen durch rundliche, kurze Extremitäten und einen weichen runden Leib gekennzeichet ist.

Bei Mitgliedern des eignen Clans, der eigenen Art, bewirkt dieses Schema eine Pflegereaktion, jedenfalls am ehesten Beißhemmung. Dazu gehört eine Stimmlage, die bei Säugetieren Milchfluss bei anderen einen Fütterungstrieb auslösen.

Kleinkind

Kleinkind
photo: Heather Katsoulis
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Die Bewegungen sind tapsig und unbeholfen – Ausdruck von Hilfs-, Fütterungs- und Tragebedürftigkeit. Nestflüchter unter den Pfleglingen dagegen haben andere, aber gleichermaßen „niedliche“ Körperproportionen – langbeinig und staksig bei Weidetieren, flaumig bei Laufvögeln, dazu mit den typischen Kopfproportionen des Babys, da sie ja schon mit der Herde oder der Vogelgroßfamilie laufen müssen. Das sind Rehkitze, Elefanten-, Giraffen- oder Rinderkälber, die ihren Müttern bei der Futtersuche nachlaufen oder inmitten der Herde von den Erwachsenen wie in einem Schutzmantel umschlossen werden. Am deutlichsten und anrührendsten ist diese Herdenwachsamkeit bei Elefanten, wo sich die weibliche Verwandtschaft, die Tanten, mitverantwortlich für die Aufzucht der Jungen fühlen. Jungtiere sind bei Angriffen durch Großkatzen besonders gefährdet, weil die Angreifer die Silhouetten der Jungtiere instinktiv wahrnehmen.

Viel weniger geschützt sind die Jungtiere der Löwen, die zwar ebenfalls in sozialen Verbänden leben, deren Sozialsystem aber anders geregelt ist. Bei den Löwen gibt es einen Clanchef, dem eine Gruppe von Löwinnen unterstellt ist. Die Löwinnen jagen gemeinsam, versorgen ihn und sorgen für Nachwuchs, den sie auch im Jagen schulen. Wird nun der Clanführer, weil er einem Angreifer unterlegen ist, abgelöst, so vertreibt der neue, stärkere, den alten und beißt seine Jungen tot. Das geschieht, um die Weibchen schnellstmöglich wieder paarungsbereit zu machen, damit seine eigenen Gene fortzupflanzen.

Setzt man voraus, dass jede Art in der Natur Strategien sucht, um erfolgreich zu sein – ihre Jungen großzuziehen und als Art zu überleben – so ist jede Form des Zusammenlebens, der Nahrungssuche, der Aufzucht des Nachwuchses, unter dem Gesichtspunkt der Anpassung an den Lebensraum zu betrachten. Die einen schützen sich durch Menge, die anderen durch besondere Füsorge. Die einen schützen sich selbst durch Tarnung, Gift oder Schnelligkeit, die anderen opfern sich für ihren Nachwuchs auf.

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist auch das Kindchenschema eine Anpassungsleistung, die ddas Überleben der Art schützen soll.

Motten auf der Spur

Schmetterling im Herbst

Schmetterling im Herbst
photo: Chrisi1964
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Schmetterlinge sind ein Symbol von Anmut und Zartheit. Ihre Flügel – so fein geädert, so bewundernswert gefärbt – bringen uns zum Entzücken. Aber man kennt sie auch, die dunkle Seite: Den Tagfaltern stehen die Nachtfalter gegenüber. Sie scheinen Unheil zu verheißen, wenn sie mit schwerem, trägen Flügelschlag ins sommerlich geöffnete Fenster flattern, der Leselampe entgegen. Wenn sie anderntags verschwunden sind, macht sich seufzend Erleichterung breit.

Nachtfalter unterscheiden sich von Tagfaltern durch ihre „nächtliche“ Dunkelfärbung, ihre großen Köpfe und Fühler und durch ihre Dämmerungsaktivität. Wenn man sie ruhen sieht, sind ihre Flügel parallel zusammengelegt – anders als bei den Tagfaltern, deren Flügel, die farbigen Oberseiten verbergend, im Ruhezustand hoch zusammengeklappt verharren. (1)

Auch Kleidermotten sind Nachtfalter, die sich erst bei einbrechender Nacht zeigen. Wie ihre großen Verwandten suchen sie nach Partnern.

Echte Kleidermotte (Tineola bisselliella)

Echte Kleidermotte (Tineola bisselliella)
photo: Olaf Leillinger
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Kleidermotten werden je nach Lichteinfall plötzlich unsichtbar, deshalb kommt man ihnen so schwer auf die Spur. Zudem sind sie klein und unscheinbar. Sichtbar werden sie nur, wenn sie tagsüber als kleines, schmales Trapez in Augenhöhe an weißen Wänden schlafend verharren.

Das sind immer Männchen. Sie warten auf ihre Dämmerstunde, um die durch Pheromone auf sich aufmerksam machenden, in Wollsachen verborgenen Weibchen aufzuspüren.

Pheromone sind für unsere Nasen nicht wahrnehmbare Sexuallockstoffe. Wolle und Seide sind tierische Eiweiße. Eiweiß brauchen die Weibchen, um Eier zu produzieren, die Männchen für die Spermaproduktion. Kaum hat das Männchen seine Begattungsarbeit vollzogen, begibt sich das Weibchen ans Fressen der eiweißreichen Kost, unsere kaschmir-wollenen und zartseidenen Lieblingsstücke. Wenn man sich wundert, dass gerade die sichtbarsten Stellen heimgesucht werden, so muss man sich vergegenwärtigen, dass durch Husten, Niesen oder Kleckern Zutaten auf den Stoff gelangen, die ihnen als leichtverdauliche Kost entgegenkommen.

Im naturhistorischen Museum wird das Exponat eines Stoffstücks gezeigt, auf dem löchrig zu lesen steht: „Sauce“. Das ist ein Hinweis, dass Saucenflecke primär und bevorzugt von Motten heimgesucht werden.

In einem abgelegenen Schrankwinkel der verwaisten elterlichen Wohnung fand ich einmal eine durchsichtige Plastiktüte mit Pferdehaar. Darin waren Hunderte toter Motten, die, aus einem gut versorgten Mottennest stammten, aber den Weg hinaus in ein erfülltes Mottenleben nicht hatten finden können.

Ähnliches beobachten konnte ich bei Mehlmotten, Lebensmittelmotten, die Kleidermotten ähnlich sehen , jedoch auf den Flügeln dunkel gefleckt sind. Sie waren in einen porzellanenen Behälter für Haferflocken hineingekrochen, um ihre gespinstversehenen Mottennester anzulegen.
Aber der Weg zurück war ihnen und den Nachkommen versperrt.Lebensmittelmotten machen auch vor Wolle und Ähnlichem nicht halt.

Fragt man sich, warum die Motten nicht eher bei den Schafen zur Untermiete einziehen, stößt mn tatsächlich auf eine derartige Symbiose. Es gibt nämlich eine Faultierart, in deren algengrünem Fell Motten hausen. Vielleicht kommt diesen Mitbewohnern ja der träge Lebensstil des Dreizehenfaultiers entgegen, das tagelang an einem Ast hängend döst.

Bei den Motten ist es wie bei den Ratten: Während man nur eine einzige mülltonneninspizierende sieht, bleiben hunderte andere unsichtbar.

Was hilft gegen diese Verwüstung?

In der Bibel steht: Legt keine Vorräte kostbarer Kleider an, sie werden ja doch nur von den Motten gefressen. Das Problem ist also uralt.(2)

Weiter ist es hilfreich, seine Sachen nur frisch gewaschen wegzulegen, um keine attraktiven Nahrungsquellen zu schaffen.

Motten mögen, wie die meisten Insekten, nicht die ätherischen Öle, die Lavendel verströmt. Seifen könnte man als für Motten abschreckende, jedoch für uns Menschen angenehme Duftquellen zwischen Pullover legen. Lavendelspray hilft – aber nur kurzfristig, weil auch der Duft flüchtig ist. Zwar verlassen die Motten fluchtartig ihr Quartier, suchen sich aber schnell eine neue ungestörte Bleibe in Mützenkörben, Pelzkragen oder Strumpfladen. Hier sollte man auch Vorsorge treffen.
Früher benutzte man Mottenkugeln für die „guten“ durablen Sachen, die man saisonbedingt oder nur für Beerdigungen brauchte. Sie waren mit Naphtalin, einem sehr unangenehm riechenden, giftigen Stoff, versehen. Etwas länger hilft heutzutage geruchlich nicht deutlich wahrnehmbares Mottenpapier. Es empfiehlt sich zu überlegen, durch welche Öffnungen oder Holzspalten die kriechenden Weibchen der Kleidermotten eindringen. Danach sollte man das Papier plazieren.
Man muss zuerst Fächer und Schubladen ausräumen, sie sodann mit dem Staubsauger bearbeiten und mit Essig – besonders die Ecken – auswischen.

Und man muss achtsam bleiben, weil im April leider weitere hungrige und paarungswillige Motten zum Fenster hereinflattern und alsbald folgen ihre Liebhaber.

(1) http://texte.gsimon.de/2019/09/
(2) Mt 6,19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen.