Kommunikation als Beitrag zur Evolution

Beim Zusammenfinden einer Gruppe sind Individuen auf Verständigung angewiesen. Das archaische Zusammenleben basiert auf einem verlässlichen Zusammenhalt, um das Überleben der Gruppe zu gewährleisten.

Die Überlebensstrategie, die sich zuerst auf Fütterung des Nachwuchses bezieht, wird durch Schlüsselreize ausgelöst. Diese Reize zur Futterversorgung – angefangen von orangeroter Markierung aufgesperrter Schnäbel bei Nestlingen von Vögeln bis zum Betteln von Säuglingen mit hochfrequentierten Tönen, die als unwiderstehliche Reize Milchfluss bewirken – sind mächtige vegetative Auslöser, die jenseits von bewussten Entscheidungen liegen.

Ein solches Reiz-Reaktionsschema bildet den Beginn von Kommunikation. Ihre Anfänge sind in der engen körperlichen Verbundenheit verwurzelt, wie in Gemeinschaften zu beobachten ist, die Brutpflege betreiben, um als Art erfolgreich zu sein. Eine sprachlich rudimentäre, aber gestisch und modulatorisch höher entwickelte Kommunikationsform besteht zwischen Mutter und Kind in der ersten Lebensphase – eine Verständigung, die sich beim Menschen bereits in der Schwangerschaft entwickelt. Mutter und Kind nehmen einander dabei in allen Lebensäußerungen wahr. Hormone, speziell auf die kindlichen Bedürfnisse abgestimmte Botenstoffe, und Pheromone, Duftstoffe, die unterhalb einer bewussten Wahrnehmung agieren, determieren das Verhalten von Mutter und Säugling. Dadurch verstärkt sich die Bindung zwischen Mutter und Kind, sobald die Nabelschnur durchtrennt und das neue Menschenkind der Welt ausgesetzt ist. Um diesen neuerlichen Anforderungen gewachsen zu sein, braucht der Säugling zunächst die Kommunikation mit der Mutter, die säugt, (den Hunger) stillt; sie macht das Kind still. Die Mutter befindet sich in nahezu permanenter Bereitschaft, ihr Negueborenes zu umsorgen. Diese Sorge ist für das heranwachsende Leben, aber in letzter Konsequenz für die in gleichem Maße alternde soziale Gemeinschaft, in die das Kind hineingeboren wird und in die es hineinwächst, ein Überlebensdiktat. Dieses ist im Sozialstaat verblasst, weil große Lebensgemeinschaften, in denen Alt und Jung füreinander einstehen, der Vergangenheit angehören.

Kaum dem „Traglings“-Alter entwachsen, musste das heranwachsende Mitglied mit der Gruppe laufen. Dabei wurde es nach und nach in die lebensnotwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Techniken eingeführt, die in den jeweilgen Gesellschaften erforderlich sind. Dieses Lernen basiert auf der Kommunikation, die zuerst zwischen Mutter und Kind angelegt, in der Familie weiterentwickelt und in der gesellschaftlichen Gruppe in Richtung der jeweilgen Bedürfnisse und Begabungen vervollkommnet wird mit dem Ziel, ein brauchbares Mitglied der Gesellschaft heranzubilden.

Was sich hier im Kleinen vollzieht, ist auf die weiterentwickelte Gesellschaft übertragbar. Der Mensch als gesellschaftlches Wesen ist auf Akzeptanz und Verständigung in seiner Gruppe angewiesen. In diesem Mikrokosmos erfährt und lernt er, was lebensnotwendige Normen bedeuten – was richtig und angemessen, was falsch und verfehlt ist. Diese Normen, Maßstäbe und Vorschriften vermittelt die gesellschaftliche Gruppe, die ihn umgibt und schützt, solange er ihre Regeln beachtet. Dagegen straft sie ihn, wenn er gegen ihre Normen verstößt, weil die Gesellschaft dadurch Schaden nimmt. Diesen gesellschaftlichen Normen bleibt er im Heranwachsen verpflichtet, um sie später als die Grundlage sozialen Zusammenlebens an seine Nachkommen weiterzugeben.

Alle diese Normen bedürfen mit zunehmend komplexeren Inhalten des Zusamemnlebens einer Revision der Vereinbarungen. Das führt zu differenzierterer Sprache. Sprache ist das Mittel der Kommunikation, des Sprachkontakts zwischen Individuen, die sich in erlernten Sprachmustern verständigen. Sprache bot zunächst kaum Spielraum zur Selbstentfaltung. Sie wird erst mit zunehmender Kultur bewirkt, die durch mehr Freizeit ermöglicht wird. Weniger Arbeitsdruck durch steigende Effektivität in der Gruppe erzeugt auch einen liberaleren Umgang miteinander. Diese Liberalität lässt andere Tätikeiten zu als die, die das bloße Überleben sichern. Dadurch lösen liberalere Einstellungen zur Erziehung autoritär geprägte Methoden ab. Sie werden als überholt empfunden und weitgehend verworfen. Indem sich die Gesellschaft durch Arbeitsteilung neu schichtet, ensteht ein anderes Sozialgefüge, dessen Schichten sich durch Sprache, Auftreten und Mode voneinander abzuheben suchen. Daneben entsteht auch ein neues Wertesystem. All dies bildet Sprache ab, indem sie Kommunikationsformen ermöglicht, die gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln.

Kommentar schreiben

0 Kommentare.

Kommentar schreiben


Hinweis - Du kannst dies benutzenHTML tags and attributes:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>