Die Verschränkung von Körper und Seele – Erdgebundenheit und Unsterblichkeit

Mit der Seele als dem wahren Ausdruck des inneren Menschen beschäftigen sich alle Philosophien der Welt. Ist die Seele losgelöst vom Körper, von der lebendigen Existenz des einmaligen Wesens, denkbar?

Ist die Seele dem Körper zugewiesen oder bewegt sie sich unabhängig von ihm zwischen Zeit und Raum?
Gehört die Seele zu einem Individuum, mit dem sie geboren wird und mit dem sie stirbt? Wird sie mit dem Tod ausgelöscht, oder erwartet sie etwas Abschließendes, einen Jüngsten Tag, den Tag des Jüngsten Gerichts, das Belohnung oder ewige Verwerfung vorsieht? Und schießlich: Gibt es sie überhaupt oder ist sie ein Konstrukt der Religion, der Psychiatrie, der Psychologie?

Oder geht die Seele einer Seelenwanderung gleich im Augenblick des Todes in einen anderen Körper über? Überdauert sie so – aber woher kommend und bis wohin gehend? Wie entstehen neue Seelen angesichts des Bevölkerungswachstums?

Ist der „Jüngste Tag“ eine Metapher für das Ende der Menschheit? Was kommt danach – also wenn die „Gerechten“, nicht die im richterlichen Sinne gerecht Handelden, sondern die Gott Gefälligen – voneinander geschieden sind?

Fragen über Fragen.

Manche Religionen postulieren die Seele als etwas dem Menschen unsterblich Zugeschriebenes. Die Seele
überlebe den Körper, der sie nur als zu pflegende Hülle bekleidet.

Die Seele wird als das Innere, das im Grunde ursprünglich Gute und durch die Welt Unverdorbene im Menschen beschrieben: die „Gute Seele“, seelenvoll, seelenbegabt, die Augen als „Spiegel der Seele“, also das, wo ein Mensch unverstellt erscheint. Dagegen wird die „Schwarze Seele“ im Märchen, der Metapher für das Böse, für einen Feind des Unschuldigen stehend, Räuber oder Wolf als Inbegriff des Verderbten, Menschenfeindlichen bezeichnet.

Das alte Volksmärchen vom Streben nach dem Wissen um die tieferen Zusammenhänge der Welt, des gottgleichen Verstehens der Welt, also dessen, „was die Welt im Inneren zusammenhält“, ist die immer wiederkehrende Vorstellung eines Getriebenen. Sie ist die zur Legende geronnene Geschichte vom „Doktor Faustus“, der Gottgleichheit anstrebt für den Preis des Verlusts seiner menschlichen Seele. Ein Kontrakt, wie er menschlichen Vorstellungen, die über das zeitlich Gültige hinausgehen, entspricht. Seine ganze Erkenntnisleidenschaft gilt, den letzten, dem Menschen verborgenen Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Um diese Erkenntnis zu erlangen, verschreibt er sich dem Teufel, der als Widerpart Gottes über allen Unwägbarkeiten menschlichen Wissens steht. Doktor Faustus, nicht ahnend, wie schnell die Zeit dahingehen würde, steht unvermittelt der Bezahlung seiner Schuld gegenüber.

Dieser Pakt mit dem Widersacher, Gott überlisten zu können, ist bereits die Leugnung des allmächtigen Gottes als Höchstem. Es ist der Sündenfall schlechthin, gleichsam die Sehnsucht des Menschen, über seine Erdgebundenheit, seinen Tod als Merkmal eines Geschöpfes Gottes, hinauszuwachsen.

Dieses Urbild des Sündenfalls, das die biblische Genesis beschreibt, veranschaulicht im Genuss der Frucht vom Baum der Erkenntnis durch die schändliche Einflüsterung der Schlange, diesem unheimlichen, gespalten züngelnden, bäuchlings kriechenden, starr blickenden Wesens, dieser Sündenfall ist Sexualität. Eva, hebräisch אווה, Frau, wörtlich „Lebenspendende“, haftet als die der Schlange Verfallene nichts Lebenspendendes an, sondern Verführbarkeit und Verführung. Eva, als die den Einflüsterungen der Schlange Verfallene wird ihrerseits zur Verkörperung des Bösen, dem sie nicht hatte standhalten können. Ihr verdankt das Menschenpaar die Vertreibung aus dem Paradies, der wandellosen Einheit mit Gott. Im Garten Eden gibt es weder Sexualität noch irgendetwas dem Vorausgehendes noch daraus Folgenes. Alles ist vorhanden, aber nichts entwickelt sich. Weder Lust, noch Verführung, noch Fortpflanzung, weder Geburt, Wachstum noch Tod. Leben mit all seinen Facetten – Besonderheiten, Entwicklungen, Abenteuern, Launen – findet im Paradies nicht statt.

Das Praradies ist die Metapher für unbedingte und voraussetzungslose Gottnähe. Der Vertreibung aus dem Paradies der Schuld- und Sündenfreiheit folgt die Verdammung des Menschen in die lebensfeindliche Welt. Nur die Hinwendung zu Gott durch ein gottgefälliges Leben, die Schonung und Pflege seiner Kreatur, kann Nähe und Einheit mit Gott wiederherstellen.

Hölle, Fegefeuer und Paradies kommen in heutiger Betrachtung nicht mehr vor. Nicht mit teufelbesessenen Strafen wird gedroht. Die dem ausgehenden Mittelalter verhafteten Horrorszenarien der Hölle oder des Fegefeuers eines Hieronymus Bosch werden als exotische Entsetzensphantasieen des christlichen Glaubens verstanden. Es wird an Menschlichkeit, Wohltätigkeit, Solidarität und die soziale Verantwortung des aufgeklärten Menschen appelliert, der sich für die Erhaltung des Planeten in all seinen Ausgestaltungen einsetzt.

Kann nicht die moderne Physik den Zeitpunkt der Auslöschung des Lebens bereits vorherbestimmen? Sind vor diesem Hintergrund eines lange ausgelöschten lebendigen Planeten Erde und damit Überlegungen zur Existenz des beseelten Menschen widersinnig?

Der Mensch kann sich nur bis zu einem bestimmten Grad aus seiner Umwelt erheben. Er ist insofern ihr Produkt, also an bestimmte Rahmenbedingungen – Ort, Zeit, persönliche Merkmale wie Alter, Geschlecht, sozialer Status – Bedingungen also, gebunden, die seine Weltsicht, sein Lebensgefühl, seine gesamte Haltung zu seiner Um- und Mitwelt bestimmen.

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